CHARMANT UND ANZIEHEND
Soest punktet mit kulturellen Highlights und Wohlfühl-Faktor. Wer Kirchen und Kirmes, Kunst und Kultur liebt, kommt um Soest nicht herum. Die ehemalige Hansestadt ist in vielen Punkten ein Hidden Champion.
Gäbe es einen Wohlfühl-Index für die Region – Soest stünde ganz weit oben. Man bezeichnet sich gerne als „heimliche Hauptstadt Westfalens“ und ist sich bewusst, dass die Anziehungskraft der knapp 50.000 Einwohner zählenden Stadt nicht unerheblich mit ihrer Vergangenheit zu tun hat – der historische Stadtkern mit dem gewaltigen Wall, den beeindruckenden Kirchen und dem einzigartigen Grünsandstein ist da nur das markanteste Merkmal. „Die vielfältige und spannende Entwicklung von Soest lässt sich am Besten am Kontrast des lebendigen und zeitgemäßen Kulturangebotes zum historischen Stadtbild ablesen“, findet auch Birgitt Moessing von der Wirtschaft & Marketing Soest GmbH der Stadt Soest. Dass man Geschichte hier nicht nur sieht, sondern auch lebt, zeigt sich unter anderem daran, dass in der malerischen Kulisse zahlreiche Veranstaltungen ihre Heimat haben.
Was den Kölnern ihr Karneval ist, ist den Soestern ihre Allerheiligenkirmes. In beiden Fällen steht eine ganze Stadt Kopf. Immer kurz nach Allerheiligen – in diesem Jahr  vom 2. bis zum 6. November – sind  400 Schausteller, darunter allein 40 Fahr- und Belustigungsgeschäfte, über 50.000 Quadratmeter auf den Straßen, Gassen und Plätzen verteilt. Ein echtes Kult-Getränk gibt es auch: Das „Bullenauge“, ein Mokkalikör mit Sahne, wird besonders gerne am Kirmesdonnerstag auf dem traditionellen Pferdemarkt getrunken. Mit ihren 679 Jahren ist die Allerheiligenkirmes die älteste Kirmes Westfalens und die größte Altstadtkirmes Europas mit jährlich rund einer Million Besuchern. Ja, in Soest versteht man Superlative.
Da passt auch eine weitere Veranstaltung, nämlich die Soester Fehde, gut ins Bild. Mit ihr wurde ein Thema aufgegriffen, das – historisch belegt – im 15. Jahrhundert einen ernsten Hintergrund hatte: Seinerzeit bemühten sich die Soester, den Einfluss des einstigen Stadtherren zurückzudrängen. Denn der Erzbischof von Köln wollte seine Herrschaft weiter festigen und ausbauen. Die Spannung kulminierte in der Soester Fehde, in der die Stadt den Wechsel von einem Landesherrn zum anderen, dem Herzog von Kleve, vollzog. Hinter den Konkurrenten standen Verbündete, Koalitionen und Söldner; die Beteiligung reichte von Böhmen bis Burgund und verlieh dem Konflikt eine europäische Dimension. Aus dieser Geschichte haben die Soester mit viel Engagement seitens der Bürgerschaft ein fröhliches Fest gemacht. Jedes Jahr im August bildet die Altstadt mit ihrer fast vollständig erhaltenen Stadtumwallung die perfekte Kulisse für ein mittelalterliches Spektakel der Extraklasse – inklusive Nachstellung des historischen „Sturms auf die Stadt“. „Mittlerweile ist die Fehde zu einem europäischen Mittelalter-Festival herangewachsen“, berichtet Birgitt Moessing stolz. „Sie ist unser Alleinstellungsmerkmal. Es hat sich in der Szene herumgesprochen, dass man bei uns direkt im Zentrum des Geschehens, an einem mittelalterlichen Stadtwall lagern kann – und so das Mittelalter tatsächlich nachempfinden kann. Dieses Flair ist einzigartig.“ Nicht nur aus diesem Grund wird die Stadt in den nächsten Jahren erhebliche Mittel investieren, um die historische Stadtumwallung für die Zukunft zu erhalten und behutsam noch attraktiver zu machen.
Als Ausflugsziel ist die Kreisstadt Soest für Liebhaber von Kirchen, Kunst und Kultur aber auch jenseits der großen Feste ein wahres Mekka. Die Wiesenkirche etwa wurde am Anfang des 14. Jahrhunderts aus Grünsandstein erbaut und ist ein echtes Kleinod gotischer Baukunst mit prächtigen mittelalterlichen Glasfenstern. So mancher Betrachter fühlt sich beim Anblick der zwei Türme gar an den Kölner Dom erinnert. Einer der bekanntesten Kunstschätze ist das Kirchenfenster „Westfälisches Abendmahl“, bei dem statt Wein und Brot Bier und Schinken aufgetischt werden. Doch auch weniger sakral veranlagte Menschen kommen in Soest auf ihre Kosten: Über das touristische Pflichtprogramm mit Rathaus, historischer Altstadt und  Wallanlage hinaus lassen sich künstlerische Exkursionen unternehmen, die in der Region ihresgleichen suchen. Warum das so ist, lässt sich wiederum mit einem Rückgriff ins Mittelalter erklären: Seit jeher reich, war die Stadt ein wichtiger Arbeitsplatz für Baumeister, Handwerker unterschiedlichster Gewerke, Maler und Bildhauer. „Eine weitere Blütezeit der Kunst erfuhr die Stadt am Anfang des letzten Jahrhunderts mit dem Besuch und dem Verweilen vieler bis heute bedeutender Maler wie Christian Rohlfs, Karl Schmidt-Rottluff, Emil Nolde, Johannes Molzahn und viele mehr“, erklärt die Kunsthistorikerin Dr. Annette Werntze, die für die Leitung der Soester Museen zuständig ist.
Die Künstler wurden angelockt von den monumentalen Kirchengebäuden, dem Grünsandstein, kurz: der Idylle der Stadt mit ihren vielen Innenstadtgärten. Von der Atmosphäre der Stadt inspiriert, erhielten sie hier viele Anregungen für ihre Kunst. Darüber hinaus festigten einige gebürtige Soester beziehungsweise Bürger aus der unmittelbaren Umgebung das kulturelle Leben der Stadt: Otto Modersohn, Arnold Topp und vor allem Wilhelm Morgner stehen beispielhaft für eine Reihe wichtiger deutscher Künstler.
„In den 70er- und 80er-Jahren waren es vor allem Persönlichkeiten wie Hans Kaiser und auch Günter Drebusch, die es verstanden haben, Künstlerkollegen nach Soest zu holen, interessante und hochkarätige Ausstellungen zu ermöglichen“, erzählt Dr. Annette Werntze. „Auch Bilder von Picasso wurden in Soest gezeigt, ebenso Werke des Bauhaus-Lehrers und -Künstlers Josef Albers. Andere Künstler wie der Italiener Paolo Martinuzzi folgten der Einladung der Stadt und wählten Soest zu ihrem neuen Wohnsitz. Viele Skulpturen auch im öffentlichen Raum zeugen von seiner enormen Kreativität.“
Mehr als alle anderen Städte in Südwestfalen hat Soest bis heute einen Fuß in der Tür zur zeitgenössischen Kunst. Das kulturelle Leben pulsiert – dank vieler engagierter Menschen und Vereine und der sich seit drei Jahren etablierenden Kulturmarke & -plattform „SoestART-Kunst und Kultur an (un)gewöhnlichen Orten“, die alle zwei Jahre einen Veranstaltungsmarathon mit überregionaler Strahlkraft von mindestens 60 Veranstaltungen präsentiert. Zudem eröffnete gerade erst das Museum Wilhelm Morgner nach einer umfassenden Renovierung und Modernisierung wieder seine Türen. In seinen denkmalgeschützten Mauern bietet das „MWM“ nun mit dem Raum Schroth auch bedeutende Ausstellungen konzeptueller, konstruktiver und konkreter Kunst. Im nächsten Jahr vergibt Soest mit dem Wilhelm-Morgner-Preis auch wieder eine der höchstdotierten Kunst-Auszeichnungen in Deutschland. Darüber hinaus lohnen auch die Besuche der vielen weiteren Museen in der Stadt – wie Osthofentormuseum, Burghofmuseum oder Grünsandsteinmuseum, um nur einige zu nennen.
Die Vielfalt an Kultur und Historie in Kombination mit Naturgenuss und Erholungsfaktor in den umliegenden Dörfern lockt seit jeher viele Gäste an. „Seit Jahren wachsen die Besucherzahlen kontinuierlich“, freut sich Prof. Dr. Monika Dobberstein, Geschäftsführerin der Wirtschaft &  Marketing Soest GmbH. Gemeinsam mit Möhnesee und Bad Sassendorf wird seit Jahren eine erfolgreiche Zusammenarbeit betrieben. Das Moor- und Soleheilbad Bad Sassendorf liegt idyllisch eingebettet in der Soester Börde. 30 Hektar Naturerlebnis bietet der Kurpark im Herzen des Ortes mit seinen farbenprächtigen Blumenbeeten, Themengärten, Skulpturen, Wasserspielen und Ruheoasen. Als anerkannter Gesundheitsstandort bietet Bad Sassendorf medizinisch-therapeutische Kompetenz auf höchstem Niveau, und das Gradierwerk ist als Freiluft-Inhalatorium noch heute Teil des Therapiekonzeptes. Die Sole-Therme mit ihrer facettenreichen Bade- und Saunalandschaft, der Meersalzgrotte, dem Erlebnismuseum der Westfälischen Salzwelten und zahlreichen Beauty- und Wellness-Angeboten ist eine der beliebtesten Wohlfühloasen in der Region.
Erklärtes Ziel des örtlichen Tourismus ist es, die Region in Zukunft noch großräumiger zu vermarkten. Dabei ist die vielfältige Soester Veranstaltungslandschaft, sei es in historischer Kulisse oder im Kulturhaus Alter Schlachthof, in der Stadthalle oder in einer der vielen Kirchen, sicher nicht nachteilig. Unumstrittene Publikumsmagneten sind neben der Allerheiligenkirmes und der Soester Fehde Großveranstaltungen wie der Bördetag, der Weihnachtsmarkt, Gräfte-Trödel, Winzermarkt, Kneipenfestival, die Kulturreihe SoestART und einige andere.  
Dass in der ehemals bedeutenden Hansestadt Soest der Handel traditionell einen hohen Stellenwert genießt, versteht sich von selbst. Die historische Altstadt mit ihrem hochwertigen Warenangebot und vielfältiger Gastronomie ist wie geschaffen für ein einmaliges Kauferlebnis. Edle Boutiquen mit Designerkleidung, feine Wohnaccessoires und liebevoll ausgestattete Spezialitäten-Läden lassen durchaus Rückschlüsse auf den Geschmack – und natürlich auch die Kaufkraft – der Bevölkerung zu. Schon jetzt kommen viele Kunden von auswärts zum Bummeln in die gemütliche Altstadt.
Perspektiven für die Zukunft
Nichtsdestotrotz will man nicht nur auf historische Ereignisse zurückgreifen, sondern an den Herausforderungen der Gegenwart wachsen. Dabei liegt Soest bei den Wirtschaftsdaten, vor allem hinsichtlich der Dynamik, nicht nur im Landes-, sondern auch im Bundesvergleich sehr gut. Die Beschäftigung ist in den vergangenen fünf Jahren um 10 Prozent gewachsen. Wohnraum in Soest ist begehrt, und die Zahl der Kinder steigt im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen. Der aktuelle Bauboom, so hofft man, wird die demografische Entwicklung weiter positiv befruchten. In den Jahren 2014 und 2015 erteilte die Stadtverwaltung mehr als 800 Baugenehmigungen – für eine Stadt dieser Größe eine beeindruckende Zahl.
Für die zukünftige Entwicklung  der Stadt stehen die Zeichen gut. „Auch für gewerbliche Immobilien besteht eine starke Nachfragesituation“, erklärt  Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer. „Das zeigt in besonderem Maß, welche Attraktivität der Standort Soest zurzeit für Investoren darstellt.“ Eine Entwicklung, die man gerne unterstützt. Zumal auch in Soest die Stadtentwicklung unter herausfordernden Rahmenbedingungen stattfindet. „Wie in vielen anderen nordrhein-westfälischen Städten ist die unzureichende Finanzausstattung durch Land und Bund unser Hauptproblem“, sagt Dr. Ruthemeyer. In den zurückliegenden zehn Jahren hat sich die Stadt trotzdem erfolgreich der konsequenten Entwicklung zukunftsweisender Projekte gewidmet: Der Bahnhof als Eintrittstor zur Stadt wurde neu gestaltet. Mit der Adam-Kaserne und dem Strabag-Areal werden in den nächsten Jahren große, attraktive Wohngebiete entstehen. Als Kreisstadt ist Soest ohnehin ein etablierter regionaler Dienstleistungsstandort, aber daneben schätzt eine Vielzahl international agierender Produktionsbetriebe die Stadt als Standort. Namen wie Kuchenmeister, Bübchen, CEAG, Delta, Magna, ALSO, HAI, Lehde, Enercon und Kverneland stehen beispielhaft für eine breite Branchenstruktur, die in der Vergangenheit Verwerfungen der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abgemildert hat. Man ist einfach nicht so krisenanfällig wie von einseitiger Industrie geprägte Kommunen.
Und auch als Bildungsstandort muss sich die Stadt keinesfalls verstecken, sie hat zentrale Bedeutung in der Region: Rund 18.000 Menschen studieren, lehren, forschen und arbeiten an den städtischen Schulen, den Kreisschulen und an der Fachhochschule Südwestfalen, die an ihrem Soester Standort den wohl schönsten Campus Deutschlands zu bieten hat. „Wir investieren kontinuierlich in unsere Bildungseinrichtungen“, betont Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer. Das gilt für die zahlreichen Kindertagesstätten ebenso wie für die Grundschulen und die verschiedenen weiterführenden Schulformen. „Die Familien mit Kindern haben vielfältige Möglichkeiten für eine bedarfsgerechte Bildung und Betreuung.“ So stellt man sicher, dass Soest bei aller Geschichtsträchtigkeit eine junge Stadt bleibt.
Fotos: Wirtschaft & Marketing Soest GmbH/ Stadt Soest