DIE MITTE HAT WAS
Jahrzehntelang verharrte Hemer in einer Art Sandwich-Lage zwischen den größeren Städten Iserlohn und Menden. Doch mit der Bewerbung für die Landesgartenschau 2010 ging ein Ruck durch die Bevölkerung.
Das ehemalige Kasernengelände (oben) firmiert heute unter dem Namen Sauerlandpark.
Tatsächlich erwies sich die Schau mit mehr als einer Million Gästen inner-halb von 191 Tagen als echter Publikumsmagnet – und als ein besonderes Ereignis, an das man in Hemer gerne zurückdenkt. Auch über die Veranstaltung hinaus hat man etwas mitgenommen: nämlich die Einsicht, dass das Leckerste am Sandwich immer die saftige Mitte ist und bleiben wird – wie Hemers Bürgermeister Michael Esken so treffend formulierte.
„Die Landesgartenschau hat Investitionen in die Infrastruktur möglich gemacht, für die andere Städte einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren benötigt hätten", schildert Marc Giebels, Pressesprecher der Stadt Hemer. Gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen steckte man rund 40 Millionen Euro in eine bessere Aufenthaltsqualität und Verkehrssituation. Diese Investitionen im Innenstadtbereich zahlen sich aus – sie haben für eine merkliche Belebung des Einzelhandels gesorgt. Neben dem Felsenmeercenter und Nöllenhofcenter verfügt Hemer seit April 2011 über das Medio Center, in dem sieben Filialisten beheimatet sind. Und 2014 soll außerdem mit dem Bau eines großen Elektrofachmarkts begonnen werden.
Heute firmiert ein Teil des Gartenschau-Geländes, das aus der circa 30 Hektar großen ehemaligen Blücher-Kaserne und einem fast 300 Hektar großen Standortübungsplatz besteht, unter dem Namen Sauerlandpark und dient als Naherholungsziel sowie als Austragungsort vielfältiger kultureller Veranstaltungen. „Highlights waren ohne Zweifel die Konzerte mit Unheilig und 16.000 Besuchern im Sommer 2012 und Pur mit 9.000 Besuchern im September 2013“, resümiert Mirko Heintz, Marketingleiter der Sauerlandpark Hemer GmbH. „Aber auch Familientage wie unser ‚Fantastischer Tag‘ im April 2013 haben über 9.000 Besucher in den Park gelockt. Der Mix aus selbst kreierten Eigenveranstaltungen, die in die Region Südwestfalen passen, und besonderen Highlights macht’s.“
Das Programm für 2014 wird derzeit noch entwickelt – neben dem Open Air-Konzert von Luxuslärm am 30. August steht mit dem 30-jährigen Bühnenjubiläum der Lennerockers aber schon mal ein echtes regionales Highlight ins Haus. „Der Sauerlandpark hat noch viele Veranstaltungsideen im Kopf, aber die Umsetzung muss mit Ruhe erfolgen“, erklärt Mirko Heintz. „Mehr als zwei neue Events sind pro Jahr nicht realisierbar. Hinzu kommt, dass wir unseren grünen Bereich und unsere Spielplätze weiterentwickeln wollen – auch das bindet Kräfte.“ Nichtsdestotrotz träume man dann und wann von bestimmten Künstlern, die einmal auf der Bühne des Grohe-Forums stehen könnten…
Naturschönheit im Norden
Hemer lag einst an der Grenzlinie vom märkischen zum kurkölnischen Sauerland. Befestigte Häuser wie Haus Hemer und die Edelburg sowie Burgen wie Klusenstein und Brelen zeugen von der Grenznähe. Mit Heinrichshöhle und Felsenmeer hat die Stadt am nördlichen Rand des Märkischen Kreises einzigartige Naturschönheiten zu bieten, die Wanderern und Spaziergängern viele Anreize bieten, die Geologie dieses Gebietes näher kennenzulernen. Geboten wird sozusagen eine Reise von der Erdoberfläche hinunter in die Welt der Höhlen – mit einem echten Bärenskelett.
Die bizarre Felslandschaft des Felsenmeeres, die zwischen den Hemeraner Stadtteilen Sundwig und Deilinghofen angesiedelt ist, steht aufgrund ihrer herausragenden naturhistorischen, erdgeschichtlichen und kulturhistorischen Bedeutung unter Naturschutz. Aufrund seiner Erscheinungsform wird das Gebiet in drei Teile eingeteilt: das große sowie das kleine Felsenmeer und das sogenannte „Paradies“. Zusammen erstrecken sich die Teile über 700 Meter in der Länge und 100 bis 200 Meter in der Breite. „Diese lokalen Schätze wollen, sollen und müssen gehegt und gepflegt werden. Es sind die Aushängeschilder und Wiedererkennungsmerkmale unserer Stadt, die auch unsere Nachfahren kennen und lieben lernen sollten“, erklärt Marc Giebels.
Apropos Nachfahren: Der demografische Wandel macht auch vor Hemer nicht Halt, so dass die alternde Einfamilienhausstruktur, die oft auch energetisch nicht auf dem neuesten Stand ist, zurzeit eine der größten Herausforderungen für die Stadtentwicklung darstellt. Vor dem Hintergrund der industriellen Entwicklung arbeitet man außerdem daran, alte Brachen einer sinnvollen und nachhaltigen neuen Nutzung zuzuführen.
Durch die konsequente Nutzung der lokal vorhandenen Wasserkraft wurde der Raum Hemer übrigens schon sehr früh industrialisiert. So wurde auf dem Areal der heutigen Firma Andritz der erste Hochofen Westfalens betrieben. Fotos und Zeichnungen dokumentieren dies – zu sehen ist davon heute allerdings nichts mehr. Außerdem konnte im Felsenmeer der älteste belegbare Bergbau des Sauerlandes um 800 n.Chr. nachgewiesen werden. Heute beherbergt die Stadt vorwiegend Unternehmen aus dem Bereich der Sanitärbranche sowie des Maschinen- und Anlagebaus. Und nicht zuletzt fungiert Hemer als Stammsitz der größten Armaturenfabrik der Welt – seit 1948 ist die Grohe AG im Ortsteil Becke ansässig.