WO DIE FLEDERMÄUSE ÜBERWINTERN…
…da gefällt es auch den Menschen. In Eslohe ist die Welt noch ganz Ordnung – und Abwanderung kein großes Thema.
Die nüchternen Fakten lassen zunächst kaum aufhorchen: An der Grenze des Hochsauerlandkreises zum Kreis Olpe leben in Eslohe etwa 9.000 Einwohner verteilt auf den Stadtkern und zahlreiche Dörfer. Das Stadtgebiet umfasst eine Fläche von insgesamt etwa 113,35 Quadratkilometern. Produzierendes mittelständisches Gewerbe – mit Ketten-Wulf ist auch ein Weltmarktführer darunter – und kleine bis mittlere Handwerksbetriebe prägen die Wirtschaft, weitere Säulen sind der Tourismus und die Land- und Forstwirtschaft. Seit 1976 ist Eslohe staatlich anerkannter Luftkurort. Im Stadtkern gibt es einige hübsche Geschäfte, drumherum viel Grün. Soweit nichts Außergewöhnliches. Aber auf den zweiten Blick gibt es doch die eine oder andere Besonderheit zu entdecken.
Da ist zum einen die Sache mit der Demografie, die sich insgesamt im Hochsauerland eher problematisch gestaltet. Abwanderungstendenzen in die Zentren sind nicht wegzudiskutieren, es gibt kaum noch Kommunen, die davon nicht massiv betroffen sind. Zu diesen Ausnahmen darf sich Eslohe zählen. „Tatsächlich sind wir mit einer Quote die zwischen -4 und -5 Prozent liegt, besser gestellt als die meisten umliegenden Kommunen“, freut sich Bürgermeister Stephan Kersting. „Wir sind in der Altersstruktur zwischen 20 und 40 gut aufgestellt und damit ein Ausreißer im Hochsauerlandkreis.“ Warum das so ist? Vielleicht, weil Eslohe seit jeher als Schulstandort fungiert und mit einem guten Sekundarstufe-1-Angebot, dem Bildungszentrum des westfälischen Dachdeckerhandwerks sowie zwei Förderschulen weithin bekannt ist. Wohl auch, weil zentral gelegene und verhältnismäßig günstige Neubaugebiete innerhalb der letzten zehn Jahre viele junge Familien angelockt haben. Sie schätzen die ländlichen Strukturen mit ihren intakten Vereinslandschaften und Festen, den persönlichen und zwischenmenschlichen Charakter.
Auch wenn sich die Welt nicht um Eslohe dreht, so markiert man immerhin geografisch den Mittelpunkt Südwestfalens. Ein Hinweisstein, der diesen Punkt definiert, findet sich im Dorf Sieperting. „Hier kann man sich wohlfühlen, wir brauchen uns nicht zu verstecken“, findet Stephan Kersting. Mindestens die Grundversorgung ist im Zentrum gegeben, bei einem Bummel durchs Städtchen begegnen dem Besucher viele Fachgeschäfte, in denen von Designermode bis zur orthopädischen Fachberatung zahlreiche Produkte und Dienstleistungen angeboten werden. Besondere Kaufkraftbindung verspricht man sich außerdem von dem in diesem Jahr entstehenden Fachmarktzentrum auf Schulten Wiese. Für alles andere ist man in 15 Minuten auf der Autobahn.
Auch auf die Problemthemen Finanzen und Fachkräftemangel blickt man in Eslohe etwas gelassener als rundherum üblich – zurückzuführen ist dies in erster Linie auf eine langjährige solide Haushaltsführung und eine engagierte Industrie. „Unsere Pro-Kopf-Verschuldung liegt bei 180 Euro, das ist ein Wert, den wohl viele gerne hätten“, schildert Stephan Kersting. „Problemchen gibt es natürlich auch bei uns, aber insgesamt befinden wir uns in einer komfortablen haushalterischen Situation.“
Mit Wohlwollen betrachtet der Bürgermeister auch die relativ geringe Fluktuation in den Betrieben seiner Stadt – oft sieht die zweite, manchmal sogar die dritte Generation gute Karrierechancen im selben Unternehmen, was für eine hohe Wertigkeit der lokalen Arbeitgeber spricht. „Die Bodenständigkeit der Sauerländer sowie die langfristig ausgerichtete Unternehmenspolitik der Mittelständler gepaart mit Innovationsfähigkeit und einem guten Draht zur Belegschaft ist ein Erfolgsrezept. Diese Marschrichtung wollen wir natürlich genauso beibehalten, denn damit ist der Grundstein für die Zukunftsfähigkeit unserer Kommune bereits gelegt“, erklärt der Bürgermeister.
Heimatpflege mit Fledermausquartier
Der Name Eslohe ist zum ersten Mal in Aufzeichnungen aus dem Jahre 1204 zu finden. Darin wird der Ort als Sitz der Ritterfamilie von Esleven angeführt, von der die heutige Gemeinde wahrscheinlich ihren Namen hat. Bereits im 16. Jahrhundert gab es einen sogenannten Kupferhammer, der das Erz vom nah gelegenen Kupferberg bei Meinkenbracht empfing und es anschließend entsprechend verarbeitete. In der preußischen Zeit wurde die Gemeinde Eslohe im Jahr 1819 ein eigener Kreis. Allerdings hielt diese Würde nicht lange an – nicht viel später wurde Eslohe zum Kreis Meschede hinzugefügt.
Zu den alten Traditionen, die bis heute hochgehalten werden, zählt der Reister Markt, der alljährlich im Ortsteil Reiste durchgeführt wird. Seit über 950 Jahren findet er alljährlich am letzten Wochenende im August statt und gilt somit als das älteste Tierschaufest des ganzen Sauerlandes. Mit tausenden von Besuchern gehört der Markt zu den unumstrittenen Highlights im Jahreskalender des Sauerlandes.
Was die Vermarktung als Tourismustandort angeht, hat sich die enge Zusammenarbeit mit Schmallenberg in der Kur und Freizeit GmbH als richtiger Schritt herausgestellt. „Im Vergleich mit Schmallenberg sind wir natürlich der Junior-Partner, womit wir aber sehr gut leben können. Die Ergebnisse können sich sehen lassen und der Mitteleinsatz ist wesentlich effizienter als wenn beide Kommunen ihre Aufgaben einzeln wahrnehmen würden“, schildert Kersting. „Die große Herausforderung wird es sein, das teilweise noch vorhandene Kirchturmdenken einzelner Dörfer weiter abzubauen und die Region gemeinsam noch besser zu vermarkten.“
Zumindest in Eslohe funktioniert die Anbindung an SauerlandTourismus bereits bestens. Auf Wellness- und Wandergäste, die auf dem Höhenflug unterwegs sind, haben sich die gastronomischen Betriebe vor allem im Ortsteil Wenholthausen längst eingestellt. Man könnte sagen, dass sich hier das „kulinarische Zentrum“ Eslohes befindet – zahlreiche Landhäuser glänzen mit modernen Interpretationen der westfälischen Regionalküche oder unternehmen Ausflüge in die internationale Kochkunst.
Eine Tour auf dem SauerlandRadring lässt sich indes hervorragend mit einem Besuch des „Dampf Land Leute“-Museums in Eslohe verbinden, das eine einzigartige Ausstellung dampfbetriebener Maschinen und eine multimediale Landwirtschaftsausstellung beherbergt. Jahr für Jahr zieht das ehrenamtlich betriebene Museum über 10.000 Besucher an. „Eine ganze Menge für eine kleine Gemeinde“, betont Stephan Kersting. Die Radstrecke führt auch durch den Kückelheimer Tunnel, der mittlerweile eher unter dem Namen „Fledermaustunnel“ bekannt ist. Nachdem die Bahnstrecke zwischen Finnentrop-Fehrenbracht und Eslohe-Kückelheim stillgelegt worden war, suchten sich Fledermäuse den Tunnel als Winterquartier aus – seitdem ist er vom 1. November bis zum 31. März zum Schutz der Tiere geschlossen. Jetzt im Frühling, also pünktlich zu Beginn der Radsaison wird der Tunnel dann wieder geöffnet und auf seinen 689 Metern Länge sogar durchgängig beleuchtet. Besonders sehenswert ist darüber hinaus der historische Stertschultenhof im Ortsteil Cobbenrode, in dem auch das sauerländische Mundartarchiv seine Heimat hat.
Fotos: ©www.schmallenberger-sauerland.de – Klaus-Peter Kappest; Sauerland Radring ST, © www.sauerland.com