HANSESTADT AUF NEUEN WEGEN
Tüchtige Händler und gesunde Unternehmen machen Attendorn zu einem starken Städtchen im südlichen Sauerland, das, ganz nebenbei, auch noch ausgesprochen hübsch daherkommt.
Die Pfarrkirche St. Johannes Baptist mit romanischem Turm stammt aus der Zeit um 1200.
Eingebettet in eine tolle Umgebung und in unmittelbarer Nähe zum Biggesee, bietet Attendorn seit jeher einen hohen Wohn- und Lebenswert. Der Charme der Altstadt, einige außergewöhnliche Sehenswürdigkeiten und die ländliche Kulisse der umliegenden Dörfer prägen das Bild. Die „Attendorner Mulde“ ist durch Klima, Boden und Verkehrsmöglichkeiten gegenüber benachbarten Räumen begünstigt und zog schon in vorgeschichtlicher Zeit Menschen an. Die Anlage einer Siedlung, der im Jahre 1222 die Stadtrechte unter Engelbert I. von Berg verliehen wurden, war fast zwingend.
1255 trat Attendorn als einzige Stadt des Sauerlandes und im Verbund mit 60 bedeutenden Städten des Reiches dem Rheinischen Städtebund bei. Als Mitglied der Deutschen Hanse entwickelte sich das Städtchen zu einem prosperierenden Standort für Kaufleute: Die Wirtschaft gedieh und die Attendorner erlangten hohen Wohlstand. Allen voran die Familie von Fürstenberg, deren Wohnsitz – Burg Schnellenberg – heute als größtes regionales Baudenkmal der Renaissance gilt.
Darüber hinaus gehören der Sauerländer Dom, genauer gesagt die Pfarrkirche St. Johannes Baptist, mit romanischem Turm aus der Zeit um 1200 und dem gotischen Langhaus aus dem 14. Jahrhundert, die Hospitalkirche und zwei Stadttürme zu den wichtigsten Zeugen der Stadtgeschichte. Im alten Rathaus, dem einzigen erhaltenen gotischen Profanbau Südwestfalens, gewährt heute das Südsauerlandmuseum Einblicke in die regionale Historie. Überreste der mittelalterlichen Verkehrswege sind heute noch als Hohlwege im Attendorner Stadtgebiet zu finden. Wer über die „Wälle“ um den historischen Stadtkern spaziert, sieht schmucke Altbauten mit aufwändig gestalteten Fassaden, Reste der alten Stadtbefestigung und hübsche Kirchen.
Der mittelalterliche Grundriss verleiht der Hansestadt einen historischen Charme, der durchaus identitätsstiftend ist, aber auch einen hohen Anspruch an die Stadtplanung stellt. So wurden in der Vergangenheit bereits rund um den Stadtkern mehrere zentrale Straßen aus- und durchgebaut und dabei auch die Kölner Straße in eine barrierefreie Fußgängerzone verwandelt. Seit 2011 führt zusätzlich eine weitläufige Umgehungsstraße um das Stadtzentrum herum. In der Gesamtheit hat dies zu einer spürbaren Entlastung der Innenstadt vom Durchgangsverkehr geführt – und die Stadtentwicklungspolitik arbeitet weiter daran, die Bedingungen für den Einzelhandel, das Dienstleistungsgewerbe und die Gastronomie zu verbessern und die Wohnqualität zu steigern.
„Mit einem Verkehrsleit- und Gestaltungskonzept möchten wir eine weitere Verkehrsentlastung erzielen“, schildert Uwe Waschke vom Attendorner Amt für Planung und Bauordnung. Durch die Neu- und Umgestaltung der vier markanten Stadteingangstore soll die Attraktivität der Stadt unterstrichen werden. Diese baulichen Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Aufenthaltsqualität sowie auch die Einkaufsatmosphäre zu erhalten. Im Rahmen der vorliegenden Pläne wurde der Bahnhofsvorplatz bereits vollständig neu gestaltet – inklusive zusätzlicher Parkmöglichkeiten, die eine fußläufige Erreichbarkeit der Innenstadt herstellen.
Der Attendorner Einzelhandel ist in hohem Maße von inhabergeführten Geschäften geprägt. Unterwegs auf dem alten Kopfsteinpflaster finden sich weniger bekannte Ketten, dafür umso mehr individuelle Boutiquen und Geschäfte. Die Attendorner „Kaufleute“, die einst vor allem im Tuchhandel aktiv waren, sind auch heute noch äußerst tüchtig und gestalten ihre Geschäfte mit spürbarer Liebe zum Detail und ansprechenden Sortimenten. Um neue Ideen und Konzepte für den Einzelhandel zu entwickeln, haben sich die Händler in einer Werbegemeinschaft zusammengeschlossen. So kam es 2003 zur Einführung des „HanseSchecks“, der als Attendorner Zahlungsmittel und eigene Währung beliebt ist.
Im Jahr 2010 wurde das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Hansestadt Attendorn beschlossen, welches seither als Arbeits- und Entscheidungsgrundlage dient. Für das Geschäfts- und Dienstleistungszentrum der Innenstadt von besonderer Bedeutung ist das Allee-Center, ein im Jahr 2004 eröffnetes Einkaufs- und Geschäftszentrum, das im zentralen Versorgungsbereich liegt und das Angebot der Innenstadt ergänzt. Es bietet daher nicht nur Einkaufsmöglichkeiten in unmittelbarer Innenstadtlage, sondern im Hinblick auf den demografischen Wandel auch seniorengerechtes Wohnen an.
Darüber hinaus entsteht zurzeit auf einer ehemaligen Gewerbebrache im Bereich der östlichen Innenstadt das Hanse Hotel mit knapp 100 Zimmern. Der Bauherr ist in Attendorn kein Unbekannter: Gerhard Rosenberg, Seniorchef der Firma Aquatherm, investierte rund zehn Millionen Euro in die moderne Herberge für Business- und Freizeitgäste. Auch das überregional bedeutsame Automotive Center Südwestfalen sowie ein Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit, welches seine Tätigkeit auf einen großen Bereich Südwestfalens erstreckt, kommen nach Attendorn.
Dass der Name Attendorn eine Zeitlang als Wohlstands-Hochburg Nordrhein-Westfalens durch die Medien geisterte, ist auf die Statistik des verfügbaren Einkommens aus den Jahren 2008 und 2009 von IT NRW zurückzuführen. Aktuellere Zahlen liegen bis heute nicht vor. „Wie das mit Statistiken oft der Fall ist, kann viel in diese hineininterpretiert werden“, relativiert Christof Schneider vom Amt für Wirtschaftsförderung. „Es mag hier Millionäre geben, aber wir sind ganz bestimmt nicht die ‚Stadt der Millionäre‘.“
Nichtsdestotrotz hat Attendorn als industriestärkste Stadt im Kreis Olpe große Bedeutung für das Arbeitsplatzangebot in der gesamten Region. Die Wirtschaft wird von mittelständischen Unternehmen der eisen-, blech- und metallverarbeitenden Industrie geprägt. Insbesondere Automobilzulieferer und Armaturenhersteller sind stark vertreten, doch auch Dienstleistungsunternehmen und die Tourismusbranche sind wichtige Arbeitgeber. Viele Familienbetriebe greifen auf die Erfahrung von mehreren Generationen zurück und sind in der Stadt seit vielen Jahren verwurzelt. Der Erfolg der Attendorner Unternehmen lässt sich dabei laut Christof Schneider auf das „richtige Gespür für die Balance zwischen Tradition und Innovation“ zurückführen.
„Die Hansestadt ist ein demografisch und wirtschaftlich gesunder Standort, der den ansässigen Betrieben gute Rahmenbedingungen bietet, um sich weiterzuentwickeln und zu investieren“, erklärt der Wirtschaftsförderer. „Gut strukturierte Industriegebiete mit einer gesamten Größe von über 200 Hektar und die unterdurchschnittliche Steuern- und Abgabenquote machen den Standort auch für Existenzgründer besonders attraktiv.“  
Besonders bedeutend für den Wirtschaftsstandort Attendorn wird ergänzend auch das Industriegebiet Fernholte sein, das sich derzeit noch in Planung befindet und zukünftig weitere Arbeitsplätze auf über 32 Hektar Bruttobauland schaffen wird.
Die Zusammenarbeit der Stadt mit den Attendorner Unternehmen beschreibt der Wirtschaftsförderer als produktiv und angenehm. „Gemeinsam streben wir nach Verbesserungen, um Attendorn von seiner besten Seite zeigen zu können.“ So wurde während des letzten Stadtfestes „Wir sind Attendorn“ im September 2012 ein großes Wirtschaftszelt mit ortsansässigen Firmen präsentiert. „Uns ist bewusst, dass wir uns nur gemeinsam im nationalen und internationalen Wettbewerb positionieren können. Gute Zusammenarbeit ist daher unverzichtbar.“
In dieser Hinsicht soll das Automotive Center Südwestfalen, das im Rahmen der Regionale 2013 in Attendorn errichtet wird, eine wichtige Rolle spielen. „Es ist eine Chance, innovativ im Gebiet des Fahrzeug-Leichtbaus zu agieren“, schildert Christof Schneider. „Die Automobilindustrie ist hier sehr ausgeprägt, und mit dem ACS können die ortsansässigen Firmen unmittelbar von den neuen Entwicklungen profitieren.“ Automobilhersteller, Lieferanten und Hochschulen werden vor Ort künftig eng zusammenarbeiten. Bürgermeister Wolfgang Hilleke freut sich besonders, dass es gelungen ist, das Forschungs- und Entwicklungszentrum in Attendorn anzusiedeln: „Automotive und Attendorn fangen nicht nur mit dem gleichen Buchstaben an. In unserer Stadt gibt es zahlreiche herausragende große und kleinere Unternehmen, die in diesem Sektor sehr erfolgreich unterwegs sind. Das ACS wird unseren Wirtschaftsstandort weiter stärken“.
Dass der Name Attendorn auch über Südwestfalen hinaus bekannter ist als die meisten anderen Städte der Region liegt in erster Linie an einem einzigartigen Naturdenkmal. 1907 wurde bei Bauarbeiten ein unterirdisches Höhlensystem entdeckt, das seinesgleichen sucht und jährlich von vielen Tausend Besuchern bestaunt wird. Die bizarre Wunderwelt der Atta-Höhle enthält neben unzähligen Stalagmiten und Stalaktiten auch die sogenannten Sinterfahnen: dünne Vorhänge aus durchscheinendem Kalk, die es in dieser Form und in diesem Reichtum in keiner anderen Höhle Deutschlands gibt. Mit einem Alter von bis zu 2,5 Millionen Jahren sind sie Zeitzeugen von unschätzbarem Wert.
Darüber hinaus enthält die Höhle eine Gesundheitsgrotte für Allergiker und Räume, in denen bei neun Grad Celsius und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit der Attakäse heranreift – eine Rohmilch-Spezialität mit würzig-pikanten Geschmack und weichem Charakter. Rainer Schmitz, Landwirt und Käser aus dem Bergischen Land, verkauft den delikaten Schnittkäse weit über Attendorn hinaus, vorwiegend an ausgesuchte Käsetheken, die etwas Besonderes, Handgemachtes anbieten möchten.
Auch die Umgebung der Stadt bietet viele Sehenswürdigkeiten, etwa Burg Schnellenberg, die seit 1594 der Familie von Fürstenberg als Wohnsitz diente und heute ein exklusives Hotel beherbergt. In der hauseigenen Schatzkammer können nach Vereinbarung mittelalterliche Sehenswürdigkeiten bestaunt werden.
Die Stadt konzentriert sich indes auf eine Neustrukturierung des kompletten Tourismus-Bereichs im Rahmen der Regionale 2013. Rund um den Biggesee sind in diesem Zusammenhang mehrere Projekte geplant, die die Attraktivität des beliebten Ausflugsziels nochmals steigern sollen. Dazu gehören neue, multimedial bespielte Wander- und Radwege, eine begehbare Aussichtsplattform und – in privater Initiative – ein weiteres Hotel nebst Ferienpark. Dank der Bimmelbahn „Biggolino“ sind Staudamm und Schiffsanlegestelle schon seit einiger Zeit bestens mit der Altstadt und der Atta-Höhle verbunden.
Auch die umliegenden Dörfer wie etwa das Bundesgolddorf Niederhelden bieten einen hohen Freizeit- und Erholungswert: In der waldreichen Mittelgebirgslandschaft finden Feriengäste herzliche Gastlichkeit in vielen gemütlichen Gasthöfen und anspruchsvollen Hotels. Das Sportangebot reicht vom Kletterpark über den 18-Loch-Golfplatz im Repetal, von Spielplätzen bis hin zu gut gekennzeichneten Wanderwegen inklusive anspruchsvoller Höhenzüge.
Der Erhalt der charakteristischen Landschaft ist der Stadt ebenso wichtig wie eine vorausschauende Bauleitplanung. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird aktuell ein Baulücken- und Leerstandskataster erstellt. „Die Schließung von Baulücken innerhalb der Ortschaften  kann einen Verzicht auf Neubaugebiete auf der grünen Wiese bedeuten. Eine Ausweisung von weiteren Neubaugebieten wird nur noch nach Abwägung im konkreten Bedarfsfall erfolgen“, erklärt Uwe Waschke.
Den Brückenschlag zwischen Traditionen und Moderne schafft Attendorn scheinbar mühelos. Als unumstrittene Karnevalshochburg des Sauerlandes sind seit mehr als 150 Jahren vor allem am Veilchendienstag die Narren los. Hinzu kommt ein ausgeprägtes Osterbrauchtum mit Semmelsegnung und auch die örtliche Schützengesellschaft hält mittelalterliche Gepflogenheiten wie den Triller- und den Bügeltanz aufrecht. Andererseits ist Attendorn seit dem 10. Februar 2011 die erste Fairtrade-Stadt in Südwestfalen und bekennt sich als solche zu gerechten Handelsbeziehungen und adäquaten Lebens- und Arbeitsbedingungen von Produzenten in Asien, Afrika und Südamerika. In vielen Einzelhandelsgeschäften und der Gastronomie, in öffentlichen Einrichtungen, Schulen, Vereinen und Kirchen stammen nun Kaffee, Saft, Schokolade und andere Produkte aus fairem Handel – so pflegt man einerseits die Wurzeln als Handelsstadt und übernimmt andererseits ganz zeitgemäß soziale Verantwortung.