Zuhause zwischen Wald und Wiesen
Natur in Südwestfalen zusammen mit den Rangern erleben
Matthias Speck und Ralf Schmidt
In Südwestfalen finden Naturliebhaber das größte zusammenhängende Waldgebiet Nordrhein-Westfalens. Wer die Wälder auf eine ganz neue Art und Weise erleben möchte, sollte gemeinsam mit Matthias Speck und Ralf Schmidt auf Entdeckungstour gehen. Die beiden Ranger kennen die Wälder der Region wie ihre Westentasche und ermöglichen einen intensiven Einblick in den spannenden Lebensraum. Im Interview nehmen sie uns mit in ihren Arbeitsalltag und erklären, welchen Herausforderungen sich der heimische Forst in den kommenden Jahren stellen muss.
Warum wurden die Ranger Südwestfalen ins Leben gerufen?
Ralf Schmidt: Der Rothaarsteig wurde touristisch besser angenommen als gedacht, die Besucherzahlen sind stetig gestiegen. Um Informationsmöglichkeiten zu schaffen und die Besucherströme zu regulieren, hatte unser Einsatzleiter zwei Jahre nach der offiziellen Eröffnung die Idee, feste Ansprechpartner zu etablieren. Die Ranger Südwestfalen waren geboren.
Welche Aufgaben gehören zum Arbeitsalltag eines Rangers?
Matthias Speck: Wir haben drei Hauptaufgabengebiete. Einmal führen wir Wald-Erlebnis-Wanderungen für Kindergärten, Schulklassen, Jugendgruppen, aber auch Erwachsene durch. Strecke und Inhalte können individuell festgelegt werden. Regelmäßig finden auch öffentliche Führungen statt, an denen jeder teilnehmen kann. Außerdem sind wir für die Pflege der Wege und Erholungseinrichtungen wie Bänke, Schutzhütten, Wegemarkierungen oder Brücken zuständig. An den Wochenenden, wenn besonders viele Menschen unterwegs sind, sorgen wir zu Fuß oder auf dem E-Bike dafür, dass sich alle Besucher an die Regeln halten. Wie eine Art Waldpolizei.
Wie reagieren die Kinder auf Sie und den Wald?
Matthias Speck: Wenn sie den Begriff Ranger hören, denken viele Kinder direkt an die Power Rangers. Sie sind dann überrascht, wenn wir keine Ähnlichkeit mit einer Comicfigur haben. Wir versuchen, die Gruppen spielerisch an das Thema heranzuführen und bauen Spiele, aber auch Ruhephasen ein. Man merkt deutlich, wie das Interesse steigt, je länger wir unterwegs sind. Die Kinder sind total begeistert und stellen ohne Unterbrechungen Fragen.
Gibt es in Siegen-Wittgenstein – deutschlandweit waldreichster Kreis – Besonderheiten?
Ralf Schmidt: Auf jeden Fall die für Nordrhein-Westfalen schwache Besiedlung, besonders in Wittgenstein. Der Ballungsraum Siegen bildet natürlich eine Ausnahme. Das macht auch den Reiz des Rothaarsteigs aus. Wenig Besiedlung, kaum Verkehr entlang der Wege. Die Region bietet Entschleunigung und Ruhe. Damit können wir punkten.
Was sind aktuell die größten Herausforderungen in den heimischen Wäldern?
Ralf Schmidt: Definitiv der Borkenkäfer! Obwohl der vorwiegend den Forstbetrieb betrifft. Wie sich die Veränderungen touristisch auswirken, bleibt abzuwarten. Auf der einen Seite entstehen durch die Fällung der befallenen Bäume teilweise spektakuläre Ausblicke, auf der anderen Seite bleibt die Angst, dass eine Landschaft so geräumt wird, dass sie für Touristen nicht mehr attraktiv ist. Die Fichtenwälder mit altem Baumbestand verschwinden in großer Zahl. Das ist beängstigend. Innerhalb eines Jahres sind die Flächen aber wieder grün, Fingerhut und Kreuzkraut blühen in bunten Farben. Wenn wir dazu passende Konzepte entwickeln, kann die neue Struktur des Waldes auch eine Chance sein.
Hat sich die Altersstruktur der Rothaarsteig-Besucher in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert?
Matthias Speck: Doch, schon. Ein Großteil der Besucher ist in den Fünfzigern und Sechzigern. Ehepaare, die aktiv sein möchten – zu Fuß oder mit dem Rad – und Zeit haben, um den Rothaarsteig mehrere Tage zu erkunden. Es kommen aber nicht nur Übernachtungsgäste, auch viele Tagestouristen sind unterwegs. Auffallend viele junge Familien. Und Wanderer zwischen 20 und 30, die das Abenteuer Wald für sich entdeckt haben. Deshalb gibt es schon länger die Überlegung, naturverträgliche Freiluft-Übernachtungsmöglichkeiten zu schaffen.
Noch eine Frage zum Schluss?… Warum sind Sie gerne Ranger? Was ist das Schöne an Ihrem Beruf?
Matthias Speck: Das Arbeiten unter freiem Himmel. Und die Flexibilität. Man kann seine Zeit frei einteilen. Der Arbeitstag startet relativ klassisch am Schreibtisch. Termine koordinieren, Mails beantworten. Der Rest des Tages ergibt sich dann spontan. Wir sind in ganz Südwestfalen unterwegs und haben Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen. Ich mag die Abwechslung.
Ralf Schmidt: Für mich ist die Kommunikation mit den Menschen wirklich wertvoll. Die Menschen sind interessiert und dankbar für die Informationen, die sie bekommen. Eigentlich hätte ich alle Begegnungen aufschreiben müssen, die mir positiv aufgefallen sind. Die Reaktionen, die Begeisterung. Das wäre ein dickes Buch geworden.
Seit 2003 sind die Ranger Südwestfalen von Wald und Holz NRW entlang der Premiumwanderwege Rothaarsteig, Waldroute und Höhenflug im Einsatz. Sie verstehen sich als Mittler zwischen Mensch und Natur, sind „Waldinterpreten“ aus Leidenschaft. Schon aus der Entfernung erkennt man die ausgebildeten Forstwirte und Forstwirtschaftsmeister sowie geprüften Natur- und Landschaftspfleger an ihren markanten Hüten und der Kleidung. Sie engagieren sich für die Umweltbildung, sind Ansprechpartner für Besucher der Wanderwege und verantwortlich für die Wegeinfrastruktur.
Das Interview führte Top-Redakteurin Julia Wildemann.