Von Coviteuren und Schwurbelstars

Zukunftsinstitut veröffentlicht Trendwörter 2021

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© Maria Sbytova – stock.adobe.com

Alljährlich liefert der von Matthias Horx herausgegebene Zukunftsreport eine Liste mit Trendwörtern für das kommende Jahr – und lässt seine User abstimmen. Diese Begriffe haben 2021 das Rennen gemacht. Als Schlaglichter des Wandels öffnen sie die Augen für neue Realitäten, die sich bereits etabliert haben. Oder gerade im Entstehen sind.

 

01. Coviteure

Die Corona-Krise hat viele Profiteure hervorgebracht – Coviteure. Zu den bekanntesten zählen Videodienste wie Zoom und Microsoft Teams, Stream­ing-Portale wie Netflix und Amazon Prime oder Lieferservices wie Delivery Hero und HelloFresh. Auch Nachbarschaftsplattformen wie nebenan.de oder Nextdoor in den USA haben von der Krise profitiert – so wie Unternehmen im medizinischen Bereich, digitale Pornoanbieter oder Beruhigungstablettenhersteller. Auch viele kleine Kulturprojekte sowie Trost- und Komfortabilitätsprodukte erwiesen sich als „Hidden Seuchenchampions“.

 

02. Staycation

In unsicheren Reisezeiten wurde der Urlaub vielerorts in Haustralien oder auf Balkonien verbracht – aus der Vacation wurde eine Staycation. Oder, gemeinsam mit Freunden: Zoomication.

 

03. Hoffice

Heim und Office – geht das wirklich zusammen? Das Heim-Büro ist ein Chaos, ein von Kinderfingern oder nervösen Hunden ständig bedrohter Raum, in dem Konzentration kaum möglich ist. Aber dieser Raum gibt uns Hoffnung, dass eine bessere Integration von Leben und Arbeiten möglich wird. Er ist im Werden, er formt sich neu. Hoffnungsvoll arbeiten wir daran, am Hoffice.

 

04. Enkelfähigkeit

Ziemlich ernst gemeinter Begriff für Achtung: „generationsübergreifende Nachhaltigkeit“. In politischen Debatten wird der Topos meist bierernst gebraucht, dabei steckt so viel schöne Ironie darin. Nein, es meint nicht die Austragung von Enkelkindern durch ihre Großmütter (das gibt es tatsächlich auch schon!). Aber wenn wir immer wüssten, was für unsere Enkelinnen und Enkel gut ist – wäre das wirklich gut? Müssen die das nicht selbst herausfinden?

 

05. Zoom Bore

Ist Ihnen schon aufgefallen, dass Zoom-Konferenzen noch langweiliger, noch chaotischer und in vieler Weise schrecklicher sind als analoge Konferenzen? Der einzige Vorteil: Es gibt keine trockenen Kekse und keinen bitteren, schalen Kaffee. Dafür reden die Wichtigtuerinnen und Wichtigtuer noch gewichtiger und erzählen das, was alle schon wissen, immer wieder.

 
06. Fremdflixen

Der gemeinsame Serienabend ist für immer mehr Menschen, speziell für Paare, zu einem unverzichtbaren Ritual geworden. Manche Menschen schauen jedoch vor lauter Neugierde die Serie alleine oder gar mit anderen Personen heimlich weiter. Dieser schwerwiegende Vertrauensbruch wird als Fremdflixen bezeichnet.

 

07. Corona-Coaster

Die Zeit der reduzierten Kontakte wird von manchen Menschen positiv wahrgenommen, als Möglichkeit für Konzentration und Achtsamkeit. Für andere bleibt sie der blanke Horror. Und oft findet beides in derselben Person statt. Corona-Coaster bezeichnet diese Gefühlsachterbahn während der Corona-Krise, geleitet von dem ständigen Sich-neu-ausrichten-Müssen nach den aktuellsten Informationen.

 

Trendwörter 2021

 

08. Wirrologen und Schwurbelstars

Sanfte Alternativen zum bösartigen Wort „Covidioten“: Menschen mit heftigen Sinnüberschüssen, die in schwierigen Zeiten unbedingt auf die Bühne wollen. Diese querdenkerischen Bescheidwisser haben sich mit der sogenannten Wahrheit so intensiv beschäftigt, dass sie sie zu ihrem lautstarken Eigentum erklären. Schwurbelstars sind ständig sehr aufgeregt dabei, die irrste Verschwörungstheorie aller Zeiten auf die Bühne zu bringen.
Deutschland sucht den Schwurbelstar!

 

09. Cofit

Für die einen war Sport das neue Highlight des Tages, sie wurden fit durch COVID – cofit. Für die anderen war der Weg vom Bett auf die Couch genug Bewegung: Sie mutierten von der Couch-Potato zur Corona-Kartoffel.

 

10. Regnose

Mentale Zukunftstechnik, die sich im Verlauf der Corona-Pandemie als heilsam erwiesen hat: eine Übung, bei der wir uns geistig in die Zukunft versetzen und von dort zurück in die Gegenwart schauen – aus der Perspektive des Wandels. Im Gegensatz zur Prognose, in der wir immer mit dem Geist der Vergangenheit nach vorn schauen, begeben wir uns in der Regnose in einen inneren Visionsprozess. Wir erfahren, dass Krisen einen Möglichkeitsraum eröffnen und in Veränderungen münden. Und: dass sie irgendwann vorbei sein werden.

 

11. Slacktivisten

Mischung aus Slacker (eine Person, die Anstrengung vermeidet) und Aktivismus. Slacktivisten sind Menschen, die Aktivismus mit möglichst geringer Anstrengung betreiben, vorwiegend in sozialen Medien, etwa durch das Liken von Beiträgen oder Verfassen von Tweets. Ohne wirklich aktiv zu werden, sehen sie sich selbst als politisch engagierte Menschen.

 

12. Velorution

Der Verzicht auf öffentliche Verkehrsmittel und die Begrenzung des Bewegungsradius haben zu einer enormen Erhöhung der aktiven Mobilität geführt – und damit zur Velorution: zur Fahrradrevolution. In manchen Städten, etwa in Barcelona, wurden die Radwege sogar massiv ausgebaut. Dabei wird der für Autos verfügbare Straßenraum sukzessive verschlankt: eine „Road Diet“.

 

13. Aggressive Mimosen

Sammelbegriff für die Empfindlichen, die ihre Verletzungen und Empfindsamkeiten vor sich hertragen wie einen Fetisch und daraus ständige Schuldzuweisungen und verquere Moralvorstellungen generieren. Ein anderes Wort für Menschen mit starker passiver Aggression.

 

14. Corona-Kartoffel

Für die einen war Sport das neue Highlight des Tages, sie wurden fit durch COVID – cofit. Für die anderen war der Weg vom Bett auf die Couch genug Bewegung: Sie mutierten von der Couch-Potato zur Corona-Kartoffel.

 

15. Neurodiverse

Bezeichnung für Menschen mit multiplen seelischen Störungen. Wir alle haben „etwas“ an der Waffel. Neurosen, Aggressionen, Depressionen, post- oder prätraumatische Belastungssyndrome, Narzissmus-Präferenz, ADS, ADHS … Wir sind alle ein bisschen gaga. Damit das besser klingt, nennen wir uns jetzt neurodivers. Hört sich vornehmer und korrekter an als „multigaga“ – und viel interessanter als einfach „schwierig“.

 

Quelle: Zukunftsinstitut