Wo Tradition auf Moderne trifft
Longines Balve Optimum: Vollgas bei der 71. Veranstaltung
Er ist einer der weltgrößten Stars der Pferdeshow-Szene: der Franzose Lorenzo begeisterte das jubelnde Publikum mit seinen rasanten Showeinlagen. (Foto: Stefan Lafrentz)
Dressurqueen Isabell Werth auf Irrwegen, Krokodilsfreudentränen bei Julie Mynou Diederichsmeier, ausverkaufte Ränge, Lilly Becker mit „Aufpasser“ Jens Hilbert und mehr als 30.000 Euro für „Reiten gegen den Hunger“: All das gab es beim Longines Balve Optimum, das auch im 71. Jahr so ganz und gar kein Oldie ist. Kaum ein anderes Reitturnier hat so eine Tradition, ist so organisch gewachsen und hat sich seine Werte so bewahrt, wie das Longines Balve Optimum. „Eine Entwicklung muss gleichmäßig erfolgen. Alles hat seine Zeit. Wichtig ist eine gestärkte Basis, ein Fundament, das mitwachsen kann, das Stürme aushält“, so Turnierveranstalterin Rosalie Freifrau von Landsberg-Velen, die stolz ist, seit diesem Jahr eine neue Partnerschaft mit dem Schweizer Uhrenhersteller Longines eingegangen zu sein. „Gemeinsam blicken wir in die Zukunft“, so die Sauerländerin. Longines ist bis 2025 Titelpartner, Offizielle Uhr und Offizieller Zeitnehmer des Longines Balve Optimum. Ebenso lange werden gesichert auch die Deutschen Meisterschaften der Dressur- und Springreiter in Balve stattfinden, die natürlich auch in diesem Jahr wieder im Mittelpunkt des weltweit bekannten Reitturniers standen.
Dorothee Schneider triumphiert
Das Longines Balve Optimum ist ein pferdesportliches Großereignis, bei dem es stets Überraschungen gibt. „Das ist schon sowas wie ein Gesetz hier“, lacht Rosalie von Landsberg-Velen. Und sie sollte wieder Recht behalten. Isabell Werth, ihres Zeichens erfolgreichste Reitsportlerin aller Zeiten, startete mit ihrem Nummer 1-Pferd Bella Rose. Jeder war sich sicher: Das wird Gold im Grand Prix Special, der 15. Deutsche Meister-Titel ihrer Karriere. Ja, das wäre er auch geworden, wenn sich die erfahrene 49-Jährige nicht selbst im Weg gestanden hätte. Denn: Sie verritt sich. Chefrichter Richard Richenhagen. „Es ist charmant, wenn solche Fehler passieren. Denn es kann jedem passieren.“ Das Verreiten kostete Isabell Werth 2 teure Punkte, die mit Bella Rose am Ende Platz vier belegte. Die Silbermedaille aber holte sie sich mit „Zweitpferd“ Emilio. „Insgesamt waren die Pferde heute besser als ich“, sagte Isabell Werth. „Ich werde jetzt meine Gehirnzellen rekultivieren, damit ich auch die richtigen Wege wiederfinde!“ Die Goldmedaille im Grand Prix Special sicherten sich Dorothee Schneider und ihr Showtime FRH. Bronze fiel an Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB.
Jetzt aber!
Heiß erwartet wurde nach dem Werth`schen Verreiter die Grand Prix Kür. Würde Isabell Werth diesmal Gold gewinnen? Ja! Sie schaffte es! Die Dressurqueen fügte im Sattel von Emilio ihrer Medaillensammlung die 15. Goldene bei Deutschen Meisterschaften hinzu. In der künstlerischen B-Note, die auch die Choreographie und den Schweregrad beurteilt, erhielt sie bis zu 96 Prozent. „Das war meine neue Kür und ich war sehr überrascht, dass sie so prima lief, denn ich hatte sie gar nicht oft geübt“, verriet Isabell Werth. Mehr als prima fand Katrina Wüst die Kür von Werth und Emilio: „Das war eine der besten Küren, die ich je gesehen habe“, schwärmte die Richterin. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge ging die Grand Prix Kür für Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB zu Ende. Bis zur letzten Starterin, Isabell Werth, lag die Aubenhausenerin auf Goldkurs… „Ich hatte auch schon mit Gold geliebäugelt. Aber Silber ist natürlich auch großartig. Endlich hab` ich nach vier Bronzemedaillen einmal eine andere Medaillenfarbe bei Deutschen Meisterschaften!“, lachte die sympathische Dressurreiterin. Bronze fiel an Helen Langehanenberg und den schon 17-jährigen Hengst Damsey FRH. „Ich bin echt stolz auf den Dicken!“, so Langehanenberg.
Bestes Geburtstagsgeschenk
Endlich! Julie Mynou Diederichsmeiers Traum wurde wahr, sie holte sich den Deutschen Meistertitel der Springreiterinnen! „Ich war nach dem Sieg zu ergriffen…“, stotterte die perplexe Berlinerin. Die 36-Jährige brauchte in der Tat ein paar Minuten, um zu begreifen, was soeben passiert ist, dass sie wirklich Deutsche Meisterin geworden war. Sie weinte Krokodilsfreudentränen, während ihre Schwester Mylene hüpfte und tanzte. Julie Mynou Diederichsmeier zeigte beim Longines Balve Optimum allen eine Harke. Sie blieb als einzige in allen drei Umläufen fehlerfrei und sicherte sich somit im Sattel von Carlucci Gold! Ein nur leicht verzögertes Geburtstagsgeschenk, denn tags zuvor feierte sie ihren 36. Ehrentag. Mit gerade einmal 22 Jahren war Sophie Hinners die jüngste Reiterin im Feld – und zeigte eine Glanzleistung. Einzig ein Fehler für Zeitüberschreitung landeten auf dem Meisterschaftskonto: Das machte die Silbermedaille. Bronze fiel an die Sauerländerin Kathrin Müller, die beim Longines Balve Optimum ein absolutes Heimspiel hatte. Ihr Heimatort Voßwinkel ist nur 15 Kilometer von der Reitanlage Balve entfernt.
Haßmann macht's
Der Jubel war groß und gegönnt hatte es ihm sowieso jeder: Felix Haßmann holte sich seinen ersten Deutschen Meistertitel bei den Springreitern. Der 33-jährige Pferdewirt, der auf dem elterlichen Hof in Lienen arbeitet, lobte die Veranstaltung und den Wert der Deutschen Meisterschaften: „Ich habe mich gezielt vorbereitet. Der Titel bedeutet mir sehr viel und er ist für mich etwas ganz Besonderes!“ Silber fiel an Jan Wernke, Bronze an Hendrik Sosath. Zur Meisterehrung der Grand Prix Kür sowie zur Ehrung der Deutschen Meister im Springreiten war Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen angereist.
Eleganz beim Schlossempfang
Nicht nur Ursula von der Leyen zählte zu den VIPs des Longines Balve Optimum. Zum Schlossempfang am Freitagabend zeigten sich die Prominenten bereits von ihrer eleganten Seite: Mehr als 300 Gäste aus Sport, Politik, Wirtschaft, Showbiz und Adel versammelten sich auf dem Schloss Wocklum. Im Mittelpunkt stand Boris Beckers Ex-Frau Lilly Becker, die mit ihrem besten Freund Jens Hilbert erschienen war. Der TV-Star, Unternehmer („hairfree“) und Amateurspringreiter Jens Hilbert ist für seine Coachings bekannt und nahm nun in Balve Lillys Liebesleben in die Hand. „Da muss jetzt mal ein Profi ran. Das kann so nicht weitergehen“, lachte der 42-Jährige. „Und in Balve liegt eben Love in der Luft!“ Recht hat er. Das Traditionsreitturnier sucht und findet zwar vorrangig die neuen Deutschen Meister im Dressur- und Springreiten, bietet mit dem romantischen Schlossempfang aber auch jede Menge Flirt-Potential. So auch bei Lilly Becker. Die begehrte Single-Dame wurde umschwärmt – vor allem natürlich von den Herren der Schöpfung. Zu den weiteren Gästen des Abends zählten unter anderem der Herzog von Croÿ, Moderator Mola Adebisi, CDU-Generalsekritär Paul Ziemiak, der deutsche Hollywood-Export Rebecca Kunikowski, RTL-Moderator Florian Ambrosius, ntv-Nachrichtensprecherin Mara Bergmann, Sängerin Pamela Falcon oder Handball-Legende Hansi Schmidt.
Show, der gute Zweck und eine rauschende Reiternacht
Der Samstagabend hatte es mit der Optimum Nacht der Show und der anschließenden Warsteiner Reiternacht in sich: Ausverkaufte Ränge, ein tolles Showprogramm, unter anderem mit dem französischen Star Lorenzo, und die rauschende Party machten den Warsteiner Samstag zu einem fantastischen Turniererlebnis. Im Fokus der Optimum Nacht der Show stand auch der gute Zweck „Reiten gegen den Hunger“, einer gemeinsamen Initiative der Welthungerhilfe und des Bauer Verlages. „Insgesamt kamen beim Longines Balve Optimum 2019 über 30.000 Euro zusammen“, so Turnierchefin Rosalie Freifrau von Landsberg-Velen. Zuvor wurde am Mittag des Warsteiner Samstags der Optimum-Award verliehen, der Förderer des Longines Balve Optimum für ihr herausragendes Engagement ehrt. In diesem Jahr wurde Gero Hertin von Chemie Wocklum ausgezeichnet.
„Das Longines Balve Optimum brachte alles mit, was man sich wünschen kann: Spannenden hochklassigen Sport, Emotionen, wahre Krimis, Freudentränen… Wir freuen uns jetzt schon wieder auf die nächste Auflage des Longines Balve Optimum vom 7. bis 10. Mai 2020!“, so Rosalie von Landsberg-Velen.
Erschienen in: TOP MAGAZIN SAUERLAND 2/2019