Augen auf und Weitblick beweisen
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen schützen vor schweren Erkrankungen.
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Wer einmal an einem „Dinner im Dunkeln“ teilgenommen hat – in Vor-Pandemie-Zeiten, als es nicht nur Restaurants, sondern auch Erlebnis-Gastronomie gab –, der weiß genau, wie wichtig unser Sehvermögen ist. Dass wir gut sehen, hilft uns dabei, uns im Raum zu orientieren. Der Genuss von guten Speisen erhöht sich noch, wenn wir sehen, wie appetitlich sie angerichtet sind. In der Kommunikation mit anderen sind die nonverbalen, aber sichtbaren mimischen Äußerungen wichtige Verständnishilfen. Umso tragischer eigentlich, dass wir zwar unser Auto alle zwei Jahre dem TÜV vorstellen, regelmäßige Untersuchungen beim Augenarzt aber nicht so ernst nehmen. Scheinwerfer sind einfacher zu reparieren als unsere Augen. Grundsätzlich sollte jeder Mensch zwischen dem 20. und 29. Lebensjahr ganz routinemäßig einmal zum Augenarzt gehen, ebenso mindestens einmal im Alter zwischen 30 und 39. Danach werden die empfohlenen Kontrollen – und wir sprechen hier immer noch von völlig gesunden Menschen ohne Beschwerden – deutlich engmaschiger. Ab 40 sollte man alle zwei bis vier Jahre Routine-Termine wahrnehmen, ab dem 65. Geburtstag dann alle zwei Jahre. Sinnvoll ist es auch, sich in der eigenen Familie umzuhören, ob bestimmte Risikofaktoren vorliegen. Schielen, erhöhter Augendruck oder auch bestimmte Netzhauterkrankungen können genetisch bedingte Ursachen haben. Wenn sie in der Verwandtschaft gehäuft auftreten, ist das ein Grund, öfter beim Augenarzt nachsehen zu lassen. Je nach Art und Intensität dieser familiären Belastungen legt der Arzt die notwendigen Abstände der Kontrollen fest.
Risikofaktoren im Auge behalten – neuartige Erkrankungen im Blick haben
Wer an Diabetes, Bluthochdruck, einer HIV-Infektion oder einer Schilddrüsenerkrankung leidet, sollte häufiger den Augenarzt konsultieren. Auch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten wie Cortison, Herzmedikamenten oder bestimmten Rheumamitteln kann sich negativ auf die Augen auswirken. Ein wichtiges Thema im Bereich der Augenheilkunde ist auch die Zunahme von neuartigen Erkrankungen der Augen, die durch Klimawandel, Migration und Mobilität auftauchen bzw. zu uns zurückkehren. So kann die Asiatische Tigermücke, die mittlerweile auch bei uns heimisch ist, das Dengue-, Chikungunya-, West-Nil- oder Zika-Virus übertragen. Damit geht oft eine Entzündung der Aderhaut im Auge einher. In Afrika vorkommende Chlamydientypen wurden in den letzten Jahren auch immer häufiger bei uns in Deutschland festgestellt. Sie können eine schwer vernarbende Bindehautentzündung auslösen. Auch Augen-Tuberkulose ist wieder häufiger geworden. Gerade vor ihr wie aber auch vor anderen untypischen Erkrankungen der Augen wurde erst im Oktober 2020 auf einem großen Kongress der Augenheilkundler gewarnt. Besonders Reiserückkehrer oder Menschen mit Migrationshintergrund sind von diesen schweren Netzhautinfektionen häufig betroffen. Nicht erkannt und unbehandelt können sie den dauerhaften Verlust der Sehkraft zur Folge haben.
Alarmierende Zahlen und Alarmsignale
Wie die Situation der Bevölkerung in Bezug auf Augenleiden ist, darüber gab erstmals eine groß angelegte Studie im Zeitraum 2007 bis 2015 Aufschluss. Über 15.000 Personen hatten als Probanden daran teilgenommen. Damit erlangte man erstmals Daten über die drei größten Augenerkrankungen wie Altersabhängige Makula-Degeneration, Glaukom und diabetische Retinopathie. Demnach gibt es rund 480.000 Makula-Degenerations-Patienten, rund 6,1 Millionen Menschen leiden aber bereits an einem Frühstadium dieser Erkrankung. 21 Prozent aller Diabetiker entwickeln dieser Studie zufolge eine diabetische Retinopathie. Alle diese Erkrankungen haben die besten Heilungschancen, wenn sie früh erkannt werden. Keine Diskussion sollte es geben, wenn eines der folgenden Symptome auftritt: plötzliche Sehverschlechterung, die nicht innerhalb von einer Stunde zurückgeht, plötzlicher Verlust des Sehvermögens, starke Augenschmerzen, Verletzungen durch Schnitt, Stoß, Schlag, Verätzungen oder Verbrennungen, plötzlich aufgetretenes Doppeltsehen. Aber auch wenn man Lichtblitze wahrnimmt oder farbige Ringe um Lichtquellen herum, wenn man schwarze Flocken im Gesichtsfeld rieseln sieht und natürlich wenn sich ein Fremdkörper im Auge befindet, sollte man schnell zum Augenarzt gehen. Generell ist mit Erkrankungen der Augen nicht zu spaßen – für immer „Dinner im Dunkeln“ kann die Folge sein, wenn man sie auf die leichte Schulter nimmt. Auf der anderen Seite aber kann man mit Vorsorge und Früherkennung dank der ausgezeichneten Augenheilkunde in Deutschland Schlimmeres rechtzeitig abwenden.
Volkskrankheit Grüner Star – Früherkennung wäre so wichtig!
Der medizinische Begriff „Glaukom“ kommt aus dem Griechischen und leitet sich vom blau-grün glänzenden Meer ab. Damit ist der angenehme Aspekt dieser ernsten Krankheit aber auch schon erledigt. Rund eine halbe Million Menschen allein in Deutschland sind von dieser fortschreitenden Schädigung des Sehnervs betroffen, zehn Prozent davon in besonders schwerer Form. Häufigste Ursache ist ein erhöhter Augeninnendruck. Das Kammerwasser, welches fortwährend im Ziliarkörper des Augeninneren produziert wird, kann dabei nicht ausreichend abfließen und dadurch erhöht sich der Druck im Auge. Die Betroffenen merken oft erst dann etwas davon, wenn sie Sehstörungen bekommen, sogenannte Gesichtsfeldausfälle. Augenärzte raten mittlerweile zur regelmäßigen Glaukom-Früherkennung ab einem Alter von 40 Jahren. Allerdings ist diese Untersuchung bisher eine sogenannte IGEL-Leistung. Auch wenn diese Empfehlung kürzlich sogar in der Leitlinie zum Glaukom verankert wurde, muss man die Früherkennung selbst bezahlen, sofern man nicht eine spezielle Zusatzversicherung abgeschlossen hat. Fest steht aber: Nur eine regelmäßige Vorsorge kann ein unbemerktes Fortschreiten dieser Krankheit – die im schlimmsten Fall zur Erblindung führen kann – verhindern. Ärzte spiegeln dabei den Augenhintergrund durch die Pupille hindurch und können die Beschaffenheit des Sehnervkopfes so beurteilen. Außerdem überprüfen sie die Weite des Gesichtsfelds, also jenes Bereichs, den man sieht, wenn man weder die Augen noch den Kopf bewegt. Behandelt wird dann je nach Stadium des Glaukoms mit augendrucksenkenden Medikamenten, in einigen Fällen kann auch eine Laserbehandlung helfen. Langfristig verschafft eine Operation, bei der ein künstlicher Abfluss für das Augenwasser eingerichtet wird, Erleichterung.
Text: Daniela Prüter