„VON DEN FAHRVERBOTEN PROFITIERT KEINER“
Der Schmallenberger Lungenexperte Professor Dieter Köhler (69) ist aktuell ein gern gesehener Gast in Talkshows. Er behauptet: Feinstaub ist nicht gesundheitsschädlich.
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TOP Magazin: Herr Professor Köhler, Sie haben sich bereits in diversen Medien dazu geäußert, wie sehr das Thema Diesel-Fahrverbote und Feinstaubbelastungen aus Ihrer Sicht „aufgebauscht“ wird. Warum liegt es Ihnen am Herzen, mit Ihrer Meinung an die Öffentlichkeit zu gehen?
Professor Dieter Köhler: Nun, dass die Gefährlichkeit von Feinstaub und NOX (chemische Abkürzung für Stickstoffoxide – Anm. d. Red.) im Grenzwertbereich eine Seifenblase ist und keine Gefahren davon ausgehen, sage ich schon länger. Jetzt, durch die Dieselfahrverbote, ist daraus ein Medienhype geworden. Ich habe mich mein ganzes Leben immer über offensichtliche Ungerechtigkeit und Fehlinformation geärgert und auch versucht, dagegen anzugehen, soweit ich darauf Einfluss hatte. Im Prinzip sehe ich das auch als Bringschuld an unsere Gesellschaft, von der ich auch sehr viel profitiert habe.
TOP Magazin: Jetzt könnte man vermuten, dass die Fahrverbote zugunsten der E-Mobilität ausgesprochen werden, die Bundesregierung also der Drahtzieher ist. Tatsächlich, so sagen Sie, steckt aber die Wissenschaft dahinter und hat der Regierung keine andere Wahl mehr gelassen. Können Sie diese Zusammenhänge einmal genauer erklären?
Professor Dieter Köhler: An den Fahrverboten ist die Politik im Prinzip unschuldig, bestenfalls an der Art der Umsetzung hat sie Anteil. Das Problem ist die vergleichsweise kleine Forschergruppe – die ich von früher noch kenne, da ich mit diesen Fragen vor 35 Jahren habilitiert habe –, welche, anfangs aus guter Absicht, die Studien extrem einseitig interpretiert hat. Wenn man einmal dann eine solche Ideologie aufgebaut hat, kommt man aus dieser Nummer nicht mehr raus. Früher hat das keinen interessiert, da es praktisch keine Bedeutung hatte. Jetzt durch die Fahrverbote wird die Unwissenschaftlichkeit dieser Daten demaskiert.
TOP Magazin: Wie stehen Sie denn zur E-Mobilität?
Professor Dieter Köhler: Die E-Mobilität ist natürlich keine Lösung des Problems, denn derzeit produzieren die mindestens genauso viel CO2 wie die anderen Autos, wenn auch an anderer Stelle, nämlich im Kraftwerk. Zudem wird es weiterhin Verbrennungsmotoren in bestimmten Bereichen geben, später natürlich mit synthetischen Kraftstoffen. Die Energiedichte von Kohlenwasserstoffen – insbesondere Diesel – ist durch die Batterien auch in der Zukunft nicht annähernd zu erreichen. Zudem kommt noch ein gewisses Problem gerade im Sauerland hinzu, denn im Winter bei Kälte benötigt man mehr als die Hälfte der Batterieleistung allein für die Heizung des Innenraums. Damit schmilzt die Reichweite dahin.
TOP Magazin: Dass die Autoindustrie davon profitiert, wenn ältere Diesel nicht mehr fahren dürfen, ist klar. Sind das denn die großen Gewinner? Wer profitiert sonst noch von den Fahrverboten und in welcher Form?
Professor Dieter Köhler: Die Autoindustrie, die die Software in krimineller Absicht manipuliert hat, musste insbesondere in den USA auch viele Verluste hinnehmen, was in dem Fall auch eindeutig gerechtfertigt war. Allerdings lässt sie die Dieselfahrer immer noch im Regen stehen. Jetzt die etwas älteren Fahrzeuge durch neue zu ersetzen ist natürlich nicht begründet, da, wie erwähnt, die leichte Überschreitung von NOX überhaupt keine Gesundheitsgefahr darstellt. In den USA ist der Grenzwert um 100 µg pro Kubikmeter, am Arbeitsplatz dort übrigens 9.500 µg pro Kubikmeter, ähnlich hoch wie in der Schweiz mit 6.000 µg pro Kubikmeter. (Die aktuellen Fahrverbote drohen, wenn der Grenzwert von 40 μg pro Kubikmeter überschritten wird. Am Arbeisplatz gelten hierzulande 950 μg, Anm. d. Red.)
Ansonsten profitiert von den Fahrverboten keiner – wenn man von dem Abmahnverein, der Umwelthilfe, absieht. Die Autos fahren durch die Verbote größere Umwege und produzieren dadurch deutlich mehr CO2. Zudem nimmt die Verkehrsdichte weiter zu, da mehr Staus entstehen durch die Fahrverbote, denn die Straßen werden an den Messstellen oft einspurig gemacht.
TOP Magazin: Das macht das Ganze noch unsinniger. Also Themawechsel: Sie waren fünf Jahre lang, von 2002 bis 2007, Vize- und dann Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, lehrten an den Universitäten Marburg und Freiburg und waren fast 28 Jahre lang ärztlicher Direktor des Fachkrankenhauses Kloster Grafschaft in Schmallenberg. Seit 2013 sind Sie im Ruhestand und kritisieren auch immer wieder die Pharmaindustrie. Was sind in diesem Bereich gerade Ihre Schwerpunktthemen und warum?
Professor Dieter Köhler: Wie oben erwähnt, stört mich Ungerechtigkeit. Dies auch bei Pharmafirmen, was ich für mein Fachgebiet gut beurteilen kann. Sie sprechen vermutlich das Beispiel mit Novartis an, als ich deren unethische Studie in einem Editorial für eine Zeitschrift kritisiert habe. Ich sollte damals den Namen der Pharmafirma in meinem Editorial streichen, da man sonst einen großen Anzeigenkunden verlieren würde. Ich habe daraufhin die Herausgeberschaft der Zeitung niedergelegt, was in den Medien einen ziemlichen Wirbel verursachte.
TOP Magazin: Wenn Sie sich nicht gerade damit befassen, spielen Sie Golf. Sie sind Präsident des Golfclubs Schmallenberg. Wo liegt denn Ihr Handicap?
Professor Dieter Köhler: Im Moment bei 10,9.
Erschienen in: TOP MAGAZIN SAUERLAND 4/2018